Sie finden hier Presseberichte zu unserer Produktion "Lysistrata".
Weitere Informationen zum Projekt und Berichte zu anderen Produktionen finden Sie auch im Archiv.
Aachener Nachrichten, 13.10.2004
Auszeichnung für «Lysistrata»-Projekt
Aachen/Bottrop. Zu den Preisträgern des «Jugendkulturpreises NRW 2004» gehört das freie Aachener Theaterensemble «Theater
Ausbruch». Die von Theaterleiter und Regisseur Martin Goltsch inszenierte «Lysistrata» nach Aristophanes erhielt die Sonderauszeichnung der Jury. Überreicht wurde der Preis in Bottrop von
Ministerin Ute Schäfer und Kurt Eichler von der Landesarbeitsgemeinschaft Kulturpädagogische Dienste.
Um die neun begehrten Auszeichnungen des alle zwei Jahre ausgeschriebenen Jugendkulturpreises hatten sich landesweit 284 Projekte
mit mehr als 20.000 beteiligten Jugendlichen aus den unterschiedlichsten kulturellen Bereichen beworben.
Über 1000 Gäste waren nach Bottrop gekommen, um die Verkündung der Preisträger live zu erleben.
Überregional Aufmerksamkeit erregt
Den mit 2000 Euro dotierten Hauptpreis erhielt das Wuppertaler «Medienprojekt» mit dem Film «Hallo Krieg». Mit «Lysistrata»
erzielte Martin Goltsch in der Sparte «Theater» das herausragendste Ergebnis und erhielt eine Sonderauszeichnung für seine Inszenierung, die in einem sozialen Brennpunkt Aachens die Probleme
Jugendlicher thematisierte. Die Jury lobte in seiner Preisbegründung vor allem die «theaterpädagogische Gratwanderung zwischen künstlerischen, sozialpädagogischen und gesellschaftspolitischen
Ansprüchen».
Die Inszenierung und das Projekt hatten bereits im Vorfeld überregional Aufmerksamkeit erregt, dennoch waren die von «Theater
Ausbruch» angereisten Mitglieder Martin Goltsch, Brigitte Köhr und Andreas Heitkamp sowie einige beteiligte Jugendliche des Projekts freudig überrascht bei der Bekanntgabe der
Preisträger.
Aachener Zeitung, 12.10.2004
Ministerin Schäfer ehrt die Macher von
«Lysistrata»
Aachen. Bei den Künstlern des Aachener «Theater ausBruch» und vielen Jugendlichen im
Ostviertel dürfen die Sektkorken knallen. Für seine Inszenierung «Lysistrata» unter der Regie von Martin Goltsch ist das Ensemble jetzt durch Ministerin Ute Schäfer in Bottrop mit einer
Sonderauszeichnung im Rahmen des «Jugendkulturpreises NRW 2004» bedacht worden.
284 Bewerber
Um die neun Auszeichnungen des alle zwei Jahre ausgeschriebenen Preises hatten sich landesweit 284 Projekte aus den
unterschiedlichsten Bereichen beworben, insgesamt waren über 20.000 Jugendliche beteiligt.
Den mit 2000 Euro dotierten Hauptpreis erhielt das Wuppertaler «Medienprojekt e.V.» mit dem Film «Hallo Krieg». Mit «Lysistrata»
erzielte Goltschs Inszenierung des klassischen Dramas von Aristophanes vor dem Hintergrund aktueller sozialer Brennpunkte im Ostviertel in der Genresparte «Theater» das herausragendste
Ergebnis.
Die Jury lobte vor allem die «theaterpädagogische Gratwanderung zwischen künstlerischen, sozialpädagogischen und
gesellschaftspolitischen Ansprüchen».
Konfliktpotenziale
Im vergangenen Jahr hatte Goltsch in Zusammenarbeit mit dem Sozialpädagogen und Leiter des Josefshauses, Richard Okon, sowie dem
Verein Aachener Friedenspreis den klassischen Stoff mit jungen deutsch- und türkisch-stämmigen Jugendlichen aus dem Ostviertel auf die Bretter gehoben. Sie erzählten die Geschichte von den jungen
Frauen, die sich ihren Männern verweigern, solange die ihre Konflikte mit Waffengewalt austragen, vor allem mit Blick auf konkrete Konfliktpotenziale in ihrem persönlichen
Umfeld.(mh)
Aachener Nachrichten, 30.10.2004
Die gewitzte Lysistrata hat ihr Ziel wieder mal erreicht
Mit ihrem außergewöhnlichen Projekt bescherte die Gruppe „Theaterausbruch“ Jugendlichen im Ostviertel ein Erfolgserlebnis
Aachen. Ihren
verdienten Lohn erhielten Theaterleiter Martin Goltsch und Sozialpädagogin Brigitte Köhr für ihr ungewöhnliches «Lysistrata-Projekt» kürzlich in Form des Jugendkulturpreises NRW 2004 für eine
«theaterpädagogische Gratwanderung zwischen künstlerischen, sozialpädagogischen und gesellschaftspolitischen Ansprüchen». Was sich so umständlich anhört, hat mit Theaterfieber, dem
altgriechischen Dichter Aristophanes und seiner klugen Streik-Anführerin «Lysistrata» zu tun, vor allem aber mit einer unglaublich fordernden und fördernden «Probezeit», die völlig
verschiedenartige Jugendliche im Ostviertel und die «Theaterausbruch»-Crew fast ein Jahr lang zusammenschweißte.
Nerven aufreibend
Dass am Ende dieser für alle Beteiligten ungewohnten und Nerven aufreibenden Arbeit ein bühnenreifes Theaterstück mit 13
Aufführungen stehen würde, glaubte selbst Theaterchef und Regisseur Martin Goltsch zunächst nicht. Nachdem das erste Treffen im «Josefshaus», dem Jugendzentrum St. Josef in Aachens Osten, damit
geendet hatte, dass ein junger Mann eine Pistole zog, gingen die Erwartungen gegen Null.
Junge Leute zwischen 16 und 28 Jahren, aus grundverschiedenen Kulturen und Milieus stammend, mit erheblichen Alters- und
Bildungsunterschieden - in der «Aachener Bronx» trafen Menschen aufeinander, die sich unter «normalen Umständen» vielleicht nie begegnet wären. Für Goltsch (41), den engagierten Theatermacher aus
der Freien Szene, war das riskante Unterfangen von besonderem Reiz, weil er schon lange sein «Lysistrata-Projekt» mit jugendlichen Laien verwirklichen wollte.
Ohne die 40-jährige Brigitte Köhr, die die jungen Mitwirkenden pädagogisch betreute und ihre ganze Familie in das Projekt mit
einband, wäre das Unternehmen wohl schnell gescheitert. Denn viele der jungen Leute mussten erst mühsam so «selbstverständliche» Bedingungen wie Pünktlichkeit oder regelmäßiges Erscheinen lernen
und akzeptieren; die Konzentrationsfähigkeit war bei einigen «auf ca. fünf Minuten» beschränkt. Wahrlich keine leichte Aufgabe, zumal Goltsch nicht bereit war, den klassischen Text vom
Liebesstreik der klugen Lysistrata in einen gefälligen Jugendjargon zu übertragen.
Gewaltiger Zoff
Nicht nur zwischen Jungen und Mädchen gab's oft gewaltigen bis gewalttätigen «Zoff». Viele der Theater-Neulinge lernten hier
erstmals so etwas kennen wie Disziplin, Gemeinschaftsgefühl und Ausdauer. Oft genug musste die Sozialpädagogin Brigitte Köhr Zerstrittene und «Streikende» auffangen, damit die bunte Truppe «bei
der Stange» blieb, doch etliche wurden dann doch zu «Abgängern», übrigens auch aufgrund von Gruppendruck oder elterlichem Einfluss. Der harte Kern aber schaffte es mit viel Power, «konsequent zu
bleiben» und verhalf dem Projekt - mit dem alten Aristophanes-Text - zum Erfolg und der jetzigen Auszeichnung.
Geschickt hatte Martin Goltsch die Geschichte des endlosen Krieges zwischen Athen und Sparta ins Heute verlegt, in eine Disco
«Akropolis», wo die gewitzte Athenerin Lysistrata die Frauen beider Städte zum Sexualboykott aufruft, damit ihre Männer endlich Frieden schließen. Das Thema des Liebesstreiks sprach besonders die
weiblichen Mitwirkenden an, aber auch der «sinnlose Krieg» faszinierte die jungen «Ostler».
Erst vor sechs Jahren entstand die freie Gruppe «Theaterausbruch» in Aachen, gegründet von Martin Goltsch, Brigitte Köhr und
Andreas Heitkamp. Im aktuellen Programm «So dumm geht das Leben vorbei» nach Szenen von Anton Tschechow, das im September eine rauschende «Mörgens»-Premiere feiern konnte, kann man Köhr und
Goltsch als Akteure erleben. Seit dem 1. Oktober läuft das Tschechow-Programm im Theater 99, Gasborn 9-11, und ist auch am Samstag, 30. Oktober, um 20 Uhr dort wieder zu sehen. Anschließend wird
im Theater die Sonderauszeichnung für «Lysistrata» gebührend gefeiert. (scho)
Deister- und Weserzeitung, 16.10.2004
„Vielleicht klappt's auch demnächst wieder mit einem Hameln-Gastspiel“
Martin Goltsch mit „THEATERausBruch“ Preisträger beim Jugendkulturpreis
Bottrop. Zu den frisch gekürten Preisträgern des „Jugendkulturpreises NRW 2004“ gehört das freie Aachener Theaterensemble „THEATERausBruch“, das durch seine Gastspiele auch in Hameln nicht
unbekannt ist. Der aus Hameln stammende Theaterleiter und Regisseur Martin Goltsch erhielt für seine herausragende Inszenierung der „Lysisitrata“ (Aristophanes) die Sonderauszeichnung der Jury
durch Ministerin Ute Schäfer. In Bottrop nahm Martin Goltsch mit Mitgliedern seines Ensembles THEATERausBruch die Ehrung entgegen. Um die neun begehrten Auszeichnungen des alle zwei Jahre
ausgeschriebenen Jugendkulturpreises 2004 hatten sich landesweit 284 herausragende Projekte aus 110 Städten, Gemeinden und Kreisen beworben mit über 20 000 beteiligten Jugendlichen.
Der „Jugendkulturpreis NRW“ hatte in diesem Jahr ein Rekordergebnis an Bewerbungen für die angesehenen Preise erzielt. Insgesamt neun Preise für außergewöhnliche Leistungen aus den
unterschiedlichsten kulturellen Bereichen verteilte die aus Jugendlichen und Erwachsenen paritätisch besetzte Wettbewerbsjury bei der achten landesweiten Ausschreibung.
Gesamtsieger des mit 2000 Euro dotierten Hauptpreises aus allen kulturellen Sparten erhielt das Wuppertaler „Medienprojekt e.V.“ mit dem Film „Hallo Krieg“. Mit Goltschs Inszenierung
„Lysisitrata“ von Aristophanes erhielt THEATERausBruch eine Sonderauszeichnung. Das Theaterstück thematisierte die Probleme Jugendlicher in einem sozialen Brennpunkt Aachens. Die Jury lobte in
seiner Preisbegründung vor allem die „Gratwanderung zwischen künstlerischen, sozialpädagogischen und gesellschaftspolitischen Ansprüchen“.
Die konzeptuelle Theaterarbeit und spektakuläre Inszenierung verschaffte THEATERausBruch aber nicht nur besondere Beachtung auf Landesebene. Die bundesweit erschienene Dokumentation „Experten in
eigener Sache - Jugendkulturpreis NRW 2004“ räumt Leiter und Regisseur Martin Goltsch neben verschiedensten Beiträgen aus dem ganzen Bundesgebiet einen besonderen Platz ein und unterstreicht den
Anspruch der Kinder- und Jugendkulturarbeit, „Kindern und Jugendlichen eine Bühne zu geben“. Die ersten Schritte als Jugendlicher selbst unternahm Martin Goltsch auf der Bühne des
Viktoria-Luise-Gymnasiums unter der Leitung von Jürgen Schoormann. Auch als ehemaliger Vorsitzender der DPSG Hameln prägte er die Jugendarbeit in der Rattenfängerstadt mit.
„Aber vielleicht klappt´s ja auch demnächst wieder mit einem Gastspiel“, freut er sich auf ein Wiedersehen in Hameln, „dann brauchen viele Zuschauer auch nicht so weit zu reisen.“ Denn immer noch
kommen Hamelner nach Aachen, um seine Inszenierungen zu sehen. Eben erst wurde seine Premiere der Inszenierung „So dumm geht das Leben vorbei“ mit Szenen und Einaktern von Anton Tschechow
begeistert gefeiert.
Aachener Zeitung, 15.09.2003
«Lysistrata» als mutige Disko-Königin
Klassiker ganz anders: Premiere im Ostviertel
Von Monika Lembke
Aachen. Dass altgriechische Weltliteratur keineswegs überholt
ist, merkten die Zuschauer zur Premiere von Aristophanes «Lysistrata» im Josefshaus. Gemeinsam mit Jugendlichen aus dem Ostviertel gelang es Martin Goltsch, dem Leiter des Theater Ausbruch, zu
zeigen, dass die Problematik des Anti-Kriegs-Klassikers aktueller denn je ist.
So sind die verfeindeten Völker heute Gangs, die ihre Macht beweisen wollen. Die Problematik ist im Ostviertel auch im wirklichen Leben bekannt. Doch zum Glück gibt es jemanden, der
nicht tatenlos zuschaut: Lysistrata (Pia Okon) findet, dass 20 Jahre Krieg zwischen «Sparta» und «Athen» mehr als genug sind.
Also trifft sich die Athenerin mit gleichgesinnten Frauen in der «Akropolis» - so heißt nämlich die Disko, in der die moderne Inszenierung spielt. Zusammen mit der Spartanerin Lampito (Jessica
Sessinou) beschließt Lysistrata, die Männer mit den Waffen der Frauen zu schlagen: «Kein Sex vor dem Frieden», heißt die Devise. Zunächst ernten die Frauen höhnisches Gelächter, jedoch machen sie
den Männern mit der Erbeutung der Kriegskasse und ihrer sexuellen Enthaltsamkeit immer mehr zu schaffen.
Die Strategie der reizenden Damen geht auf
So geizen die jungen Schauspielerinnen in ihren Discooutfits nicht mit ihren Reizen und zeigen bei Tanzeinlagen, womit sie das angeblich starke Geschlecht erweichen wollen. Die Strategie geht
auf. Schließlich hält es Kinesias (Willie Ezilius) nicht länger ohne seine Myrrhine (Eva Schlegel) aus und überzeugt die anderen Männer von den Vorteilen eines Friedensschlusses. Gefeiert wird -
passend zur modernen Inszenierung - mit einem Tanz auf die Musik des Musicals «Grease».
Durch die Kombination der klassischen Textgrundlage mit frechen und zweideutigen Sprüchen versetzten die Schauspieler das Publikum in eine Welt zwischen Moderne und Antike, zwischen Lachen und
Nachdenklichkeit.
Natürlichkeit der Akteure besticht
Die Textsicherheit, das schauspielerische Talent und vor allem die Natürlichkeit der 16- bis 28-Jährigen begeisterten im ausverkauften Josefshaus. Zwischen den Szenen klangen aus Lautsprechern
Interviews mit Jugendlichen aus dem Ostviertel, in denen sie Problematiken wie Gewalt und Ausländerfeindlichkeit aufgriffen und brachten das Stück auch so in direkten Zusammenhang mit dem
Ostviertel.
«Vor allem die Heterogenität der Teilnehmer machte die Arbeit sehr anstrengend», berichtete Goltsch über das Projekt. So nahmen Hauptschüler, Gymnasiasten, arbeitslose und berufstätige junge
Menschen mit sechs Nationalitäten teil. Allen Schwierigkeiten zum Trotz kann der Regisseur auf ein gelungenes Projekt blicken, das sowohl Zuschauern als auch Beteiligten Spaß bringt.
Aachener Nachrichten, 15.09.2003
Das junge Ensemble „Theaterausbruch“ begeisterte mit seiner „Lysistrata“-Interpretation
Mit Liebesentzug zum Frieden
Von Nachrichten-Mitarbeiterin Carina Hansen
Aachen. Sind Frauen die besseren Männer? Zumindest wenn es um weibliche List anstelle roher Gewalt geht, hat die resolute Athenerin Lysistrata ihrem Gatten einiges voraus. Ihre Strategie:
Konsequenter Liebesentzug solange, bis im verfeindeten Griechenland endlich Frieden herrscht.
Das „starke Geschlecht“ hat an diesem Abend im Saal des Josefshauses schon einiges auszuhalten. Frei nach Aristophanes ,,Lysistrata“ nehmen die jungen Schauspieler des Ensembles
,,Theaterausbruch“ die männliche Fraktion ordentlich auf´s Korn —sehr zum Vergnügen der Zuschauer.
Die Geduld aller Frauen Griechenlands ist schon lange am Ende: Während sie untätig zu Hause sitzen, führen ihre Männer gegeneinander Krieg und kommen alle paar Wochen einmal nach Hause. Kein
Wunder, dass die Liebe da viel zu kurz kommt.
Herrlich berechenbar
Und weil ihre Gatten so herrlich berechenbar sind, schließen die Leidgeplagten rund um Anführerin Lysistrata (Pia Okon) einen Friedensvertrag auf eigene Art. Kein Schmusen mehr, kein Sex.
Weibliche Totalverweigerung solange, bis sich die verfeindeten Männer endlich die Hände reichen. Denn, so die Überzeugung der Frauen: ,,Ihr braucht kein Schwert. Ihr braucht Verstand!“
Krieger Kinesias (Willie Ezilius) kapituliert als Erster und darf seine Myrrhine (Eva Schlegel) nach dem erbrachten Schwur endlich wieder in die Arme schließen.
Gelungen ist auch die ausverkaufte Premiere des Theaterprojektes unter Regie von Martin Goltsch. Rund ein Jahr probten die Jugendlichen aus dem Ostviertel das schwierige Stück. Jede Textpassage
sollte sitzen.
Die Mühe hat sich gelohnt. Von Lampenfieber ist während der rund zweistündigen Aufführung nichts zu spüren. Die Spielfreude der jungen Protagonisten aber überträgt sich auch auf den Zuschauer.
Dabei gestaltete sich die Vorarbeit zu dem aufwändigen Projekt zunächst alles andere als einfach. Mit einem Theaterkurs im Josefshaus wollte die Crew des 1998 gegründeten ,,Theaterausbruch“
Jugendliche für das Schauspielen begeistern. Der gewünschte Nebeneffekt: Statt aufeinander loszugehen, sollten die jungen Erwachsenen ganz unterschiedlicher Herkunft gemeinsam auf der Bühne
stehen und endlich Frieden schließen.
Die Resonanz: Wollten zunächst 84 Jugendliche auf die Bühne, so blieb schließlich eine wesentlich kleinere Gruppe zurück. Doch hier hat das Experiment funktioniert. Denn: ,,Der Krieg verlangt
Gelächter, um durchschaut zu werden.“
Aachener Zeitung, 06.10.2003
-„jaz“: junge aachener
zeitung-
Immer diese Männer!
„Lysistrata“ ist spritziges Theater
Was man nicht alles für den Frieden tut. Die einen
demonstrieren und wenden Gewalt an, die anderen beten oder versuchen das Problem auszudiskutieren. Im verfeindeten Griechenland hilft keines dieser Mittel mehr. Die Athener und Spartaner kämpfen
schon seit 20 Jahren und die Frauen bekommen ihre Geliebten nur noch selten zu Gesicht. Ihr einziger Wunsch: endlich Frieden! Aber wie? Unter Anführung der Athenerin Lysistrata schließen die
Frauen einen teuflisch-cleveren Plan...
Gemeinsam mit Jugendlichen aus dem Aachener Ostviertel hat Martin Goltsch, Leiter des Theaters ,,Ausbruch“ in Aachen, das Stück ,,Lysistrata“ von Aristophanes zeitgemäß inszeniert.
Die Heldin Lysistrata stiftet die Frauen dazu an, den Männern so lange die Lust und die Liebe zu verweigern, bis diese sich bereit erklären, den Friedenspakt zu schließen. Mit Lippenstift,
Maskara und knappen Tops besetzen sie die Diskothek Akropolis. Wäre da nur nicht das andere Geschlecht mit dem üblen Schweißgeruch, das nicht nachgeben kann und sich schon gar nicht von Frauen
etwas befehlen lässt. ,,Von einer Frau gezwungen, was für eine Erniedrigung!“ Es sind schließlich ,,nur“ Frauen. Lysistrata ist ein wunderbares Theaterereignis, das man unbedingt gesehen haben
muss. Es ist witzig, spritzig und super gespielt! Das Stück nach Aristophanes entstand 441 v. Chr., und sowohl der Text als auch das Thema wurden erfolgreich in unsere heutige Zeit übertragen.
Dass das Stück von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gespielt wird, macht es umso interessanter. Ich bin mir sicher, dass so mancher am Schluss seine Meinung über die Spezies Männer und Frauen
ändern wird... Die ernste Frage nach dem Krieg in unserer heutigen Gesellschaft bleibt zwar immer noch erhalten, aber wie sagte Aristophanes doch so schön: ,,Der Krieg verlangt Gelächter, um
durchschaut zu werden.“
Von jaz.-Reporterin Esra Güner (14)
SUPER MITTWOCH, 10.09.2003
Theater – Junge Leute aus acht Nationen fiebern Premiere entgegen
Signale der Verständigung
Griechischer Klassiker „Lysistrata“ in neuem Gewand.
Aachen (tis). Ein ungewöhnliches Theaterprojekt, das im September
vergangenen Jahres in der Offenen Tür (OT) Josefshaus gestartet wurde, erlebt seinen vorläufigen Höhepunkt: Am Samstag, 13. September, 19.30 Uhr findet die Premiere statt, der die 14 jugendlichen
Spieler selbstbewusst, aber dennoch mit Lampenfieber entgegensehen. Aufgeführt wird ,,Lysistrata“, eine Komödie nach Aristophanes.
Die Inszenierung bringt den griechischen Anti-Kriegs-Klassiker in einer modernisierten Variante auf die Bühne. Regie führt Martin Goltsch, künstlerischer Leiter beim ,,THEATERausBruch“. Er,
Brigitte Köhr, Reiner Herrmann und Wolfgang Vincke waren die Initiatoren des Projektes, das junge Menschen des Ost-Viertels aus acht Nationen und acht Schulen zusammenführte. Ihr
Durchschnittsalter liegt bei 18 Jahren. Sie sind Abiturienten oder Hauptschüler, Arbeitslose oder kommen aus den unterschiedlichsten Berufen.
,,Dem Theater wohnt eine politische, gesellschaftliche und geistesgeschichtliche Dimension inne, die Dialog und Veränderung provoziert“, erklärt Goltsch. Und so steuerten plötzlich junge Menschen
ein gemeinsames Ziel an, die sonst kaum ein Wort miteinander gewechselt hätten.
Dimension
,,Was sind das für Chaoten“, dachte Dirk
Fröhling (23), als er das erste Mal an den Proben teilnahm. Inzwischen konnte er feststellen, dass die jungen Leute hier ,,eine Chance fanden, gemeinsam mit anderen die Freizeit sinnvoll zu
nutzen, anstatt auf der Straße rumzulungern“. Der mathematisch-technische Assistent war seiner Freundin Christina Schramm (19) aus der Spielschar zuliebe eingesprungen, weil männliche Darsteller
fehlten.
,,Die jungen Türken stoßen bei ihren Landsleuten auf wenig Verständnis und auf Spott, wenn sie Theater spielen wollen“, betont Goltsch. Drei Mal hatte er in den verflossenen zwölf Monaten wegen
mangelnder Disziplin, Unpünktlichkeit und wegen Konzentrationsmängeln der Theatereleven ,,das Handtuch werfen wollen“, liegt dieser Spielkurs doch weit über dem Schultheaterniveau und stellt
entsprechende Anforderungen. Doch von Probe zu Probe ,,britzelte“ es mehr und die 14 Spieler, die von den anfänglich 48 bei der Stange geblieben sind, identifizieren sich längst mit ihren Rollen
und wollten durchhalten.
,,Mit unserem Projekt wollen wir auch Impulse für Nachhaltigkeit vermitteln“, so Goltsch. Pia Okon (17) spielt als Lysistrata die Hauptrolle. Sie besitzt bereits Theatererfahrung von der
Grundschule her. Auch die 18-jährige Jessica Sessinou gehörte am Geschwister-Scholl-Gymnasium einer Theater-AG an. Mit 16 Jahren aber ist Derya, eine junge Türkin, das Nesthäkchen. Unterstützt
wird das Theaterprojekt insbesondere durch die OT Josefshaus, das Stadtteilbüro Aachen-Ost, das Geschwister-Scholl-Gymnasium und die Hauptschule Aretzstraße.
Aachener Zeitung, 06.09.2003
Theater und neue Freunde
Jugendliche begegnen sich bei „Lysistrata“ im Ostviertel
Aachen. ,,Kein Sex vor dem Frieden!“ Was sehr modern klingt -schließlich sind ähnlich lautende Formulierungen im
mitteleuropäischen Kulturkreis immer seltener zu hören - ist sinngemäß schon über 2000 Jahre alt und stammt aus der Feder von Aristophanes. ,,Lysistrata“ nannte er damals seine Komödie, in der die
Frauen ihre Männer durch einen besonders geschickten Kunstgriff vom Kriegstreiben abhielten: Erzwungene Enthaltsamkeit. Seine Botschaft hat es bis in die Gegenwart geschafft. Und was sie brauchte, um
für das Publikum des ,,THEATERausBruch“ im Ostviertel aufgepäppelt zu werden, hat eine ganz besondere Gruppe junger Schauspieler besorgt.
,,Vor allem zu Beginn gab es eine ganze Menge interner Probleme zu lösen - vom Inhalt des Stückes gar nicht mal so weit entfernt“, erinnert sich Martin Goltsch, der Leiter des Theaters. Die kurz
vor ihrer Premiere stehenden Schauspieler sind nämlich keinesfalls Profis, sondern Jugendliche aus dem Ostviertel - Durchschnittsalter 17 Jahre. Erschwerend kam noch hinzu, dass sie sich zum
größten Teil vor Beginn der Proben kaum kannten, sich wohl wegen ihres unterschiedlichen Umfeldes auch ohne das Projekt nie kennen gelernt hätten. ,,Inzwischen arbeiten bei uns Hauptschüler und
Gymnasiasten wie selbstverständlich Hand in Hand“, macht Uwe Brand, Sozialarbeiter im Stadtteilbüro Ost, auf seinen Part bei dieser Kooperation aufmerksam. Das gemeinsame Ziel - die Premiere -
habe die eigentlich sehr heterogene Gruppe weit mehr als erwartet zusammengeschweißt. Von insgesamt 48 Teilnehmern, die irgendwann mit dem Projekt zu tun hatten, hat sich ein ,,harter Kern“ von
14 Schauspielern herauskristallisiert, die auch alle im Stück auftreten werden. ,,Zwischen uns hat sich eine richtige Freundschaft entwickelt“, heißt es dazu einhellig.
Wie weit dieser Zusammenhalt geht, ist schon jetzt an handfesten Ergebnissen zu erkennen. So erzählt Darsteller Dirk Fröhling amüsiert, wie er - ebenso wie alle anderen - beim Kulissenbau
geholfen hat. ,,Auch so lernt man eine Menge über Theater“.
Bei der Reise des eigentlichen Stückes in die Gegenwart hatten die Protagonisten ebenfalls noch ein Wörtchen mitzureden. Statt der Burg ,,Akropolis“ benutzen die weiblichen Friedenstruppen lieber
eine gleichnamige Diskothek als Unterschlupf, weniger die Kriegs- als vielmehr die Abendkasse gilt es vor den wütenden Männern zu verteidigen. ,,Einzig bei der Sprache sind wir nicht ganz so weit
gegangen, wie ursprünglich gedacht“, merkt Goltsch an. Zwar seien zahlreiche Dialoge umgeschrieben worden, zuviel ,,Jugendsprache“ habe aber auch den Schauspielern nicht mehr gefallen.
Premiere ist am Samstag, 13. September, 20 Uhr, danach folgen noch weitere zehn Aufführungen im Stadtteil. Karten gibt es bei der OT St. Josef im Kirberichshofer Weg 6a, im Stadtteilbüro
Aachen-Ost, Hüttenstraße 94, sowie an allen Zweigstellen des Aachener Zeitungsverlages.(sma)
Aachener Nachrichten, 12.09.2003
Ostviertel-Jugendliche zeigen Komödie nach Aristophanes
Lysistrata in der Disco
Von Nachrichten-Mitarbeiter Georg Dünnwald
Aachen (an-o) - Ein Jahr lang haben sie Texte gelernt, geprobt, gehämmert, gezimmert - jetzt zittern sie der
Premiere entgegen. Das Theater "Ausbruch" ermöglicht 14 Jugendlichen aus dem Ostviertel, das Stück "Lysistrata" nach Aristophanes aufzuführen.
Durch den "Nachrichten"-Artikel "Die ersten Gangs sind schon aktiv", der zu Silvester 2001 erschien, und sich mit den Problemen der Jugendlichen im Ostviertel befasste, kamen die Betreiber des
Theater "Ausbruch" auf die Idee. Der Entschluss war schnell gefasst: "Wir müssen im Ostviertel etwas tun."
Etwas blauäugig gingen die Theatermacher an die Sache heran, sie wollten mit den Jugendlichen aus dem Quartier rund um St. Fronleichnam und St. Josef ein Theaterstück einüben. 84 junge Menschen
zwischen 16 und 28 Jahren meldeten sich, zuguterletzt blieben 14 Mädchen und Jungen übrig.
Schwierigkeiten, die Jugendlichen bei der Stange zu halten, wurden gemeistert, auch gegen Widerstände in Elternhäusern mussten Argumente gefunden werden. Einige der jungen männlichen Türken seien
auf Macho-Tour gewesen, sagt Brigitte Köhr vom Theater "Ausbruch": "Wie, spielste im Stück mit, biste schwul?", sei geflügeltes Wort dieser Möchtegern-Männer gewesen, so Köhr.
In Neuzeit verlegt
Am Samstag, 13. September, 19.30 Uhr, ist Premiere des Stücks "Lysistrata" im Josefshaus, Kirberichshofer Weg 6a. Die klassische Komödie verlegten die Protagonisten kurzerhand in die
Neuzeit.
Geht es im Original um die Krieger der Städte Sparta und Athen, deren Frauen ihnen wegen des Krieges den ehelichen Verkehr verweigern - spielt das Stück der Jugendlichen aus dem Ostviertel in der
Diskothek "Lysistrata". Jugendgangs und schicke junge Damen sind die Grundlage der Geschichte.
Aachener Nachrichten, 29.03.2003
Theaterausbruch zeigt eine moderne "Lysistrata"
Aristophanes zieht's in die Disko
Von Nachrichten-Mitarbeiter
Arnd Gottschalk
Aachen (an-o) - Das Theater Ausbruch steckt mitten in einem ambitionierten Projekt: Mit Jugendlichen soll das Stück "Lysistrata" nach Aristophanes auf die Bühne gebracht werden.
Für den September ist die Premiere im Jugendzentrum St. Josef geplant. Dabei gebe es vielerlei Unwägbarkeiten, so Brigitte Köhr vom Leitungsteam des Theaters. Denn die Jugendlichen, die zum
größten Teil aus dem Ostviertel stammen, seien es "nicht gewohnt, regelmäßig zu erscheinen".
Und harte Arbeit ist vonnöten, um ein Theaterstück aufzuführen. Es geht nicht nur darum, Texte auswendig zu lernen, Kostüme zu schneidern und ein Bühnenbild zu bauen, auch das Stück muss erst
einmal für die Aufführung angepasst werden.
Zwar sind der Geschlechterkampf und die Frage von Krieg und Frieden, die von Aristophanes beschrieben werden, durchaus aktuell, aber weil die Aufführung vor allem Jugendliche und junge Erwachsene
ansprechen soll, wird derzeit an einer zeitgemäßen und modernen Bearbeitung des Textes gefeilt. Die Handlung wird aus dem alten Athen in eine Disko namens "Akropolis" verlegt, die Sprache wird
behutsam modernisiert.
Federführend ist der künstlerische Leiter des Theaters, Martin Goltsch. Ihm kommt auch die Aufgabe zu, den jungen Frauen und Männern die Geheimnisse der Schauspielkunst näher zu bringen. Die
Kurse laufen seit September, derzeit sind noch 19 Jugendliche dabei. Die meisten sind über das Jugendzentrum zu der Theatergruppe gekommen, einige auch von den Schulen im Ostviertel.
Aber das Theater versteht diese Arbeit nicht nur auf einer künstlerischen Ebene, es geht nach den Worten von Brigitte Köhr auch um ein "politisches und soziales Konzept".
Die Jugendlichen, die meist aus schwierigen Verhältnissen stammten, müssten lernen, sich einem Gruppenprozess zu unterwerfen. Und wenn das klappt, feiert "Lysistrata" im September Premiere.
Aachener Zeitung, 06.02.2003
Ostviertel auf der Bühne: «Lysistrata» in der Diskothek
„THEATERausBruch“ arbeitet mit Jugendlichen
Von Hans-Peter Leisten
Aachen. Die Akropolis wird zur Diskothek, die Athener und Spartaner heißen plötzlich Mahmut, Jusuff, Melanie oder auch Denis, gehören verschiedenen Jugend- oder Szenegruppen an - und ihre «Waffen»
sind moderne Macho-Manieren und martialisches Muskelspiel.
Aristophanes, der Meister der altgriechischen Komödie, würde sicherlich heftig applaudieren, wenn er die Interpretation seines Stückes «Lysistrata» sehen könnte. Und vermutlich auch dem
«TheaterausBruch» zu seiner Idee gratulieren.
Einer Idee, die gleichsam wie die beiden Masken von Komödie und Tragödie kulturelle und soziale Ansätze in wirkungsvoller Symbiose vereint. Oder ganz knapp ausgedrückt: Jugendliche und junge
Erwachsene machen richtig Theater. Was durchaus wörtlich verstanden werden darf, denn was derzeit im Josefshaus am Kirberichshofer Weg abgeht, ist aller Bühnenehren wert.
Als glückliche Fügung darf man es bezeichnen, dass mit den Verantwortlichen des «TheaterausBruch» und Uwe Brandt zwei Partner mit einer Wellenlänge aufeinander trafen.
Denn Brandt betreut nicht nur als Sozialarbeiter das Stadtteilbüro Aachen-Ost, er ist auch Schauspieler und spitzte sofort beide Ohren, als Brigitte Köhr, Martin Goltsch, Reiner Herrmann und
Wolfgang Vincke vom «TheaterausBruch» ihre Projektidee für das Ostviertel vorstellten.
In Richard Okon, dem Leiter der Offenen Tür Josefshaus, fanden sie den Partner vor Ort - die Idee konnte Realität werden.
Die Grundzüge der Geschichte sind schnell erzählt: Der anhaltende Krieg zwischen Athenern und Spartanern nervt die Athenerin «Lysistrata» derart, dass sie die Frauen der verfeindeten Parteien und
unterschiedlichen Volksgruppen versammelt und für ihre Idee gewinnt: Die Frauen wollen ihren Männern solange jegliche Sexualität verweigern, bis diese untereinander Frieden schließen. Um ihrer
Forderung Nachdruck zu verleihen, bringen sie die Kriegskasse in ihren Besitz.
In der aktuellen Interpretation schart «Lysistrata» die jungen Frauen in einer Diskothek um sich, die über 2000 Jahre alte Idee soll immer noch fruchten. Aus der Kriegskasse wird die Barkasse.
Musik, Mode und Herkunft sind der Nährboden für Spannungen und Vorurteile, die in Gewalt münden.
In Kursen wurden die jungen Darsteller auf ihre anspruchsvolle Aufgabe vorbereitet. Das Konzept ist dabei von Anfang an «prozesshaft angelegt», wie Brigitte Köhr betont.
«Die Jugendlichen haben bereits in den Vorbereitungskursen jede Menge gelernt. Konzentrationsschwächen wurden überwunden, heterogene Jugendgruppen zusammengeführt.»
Das ist eigentlich der soziale Schwerpunkt der Inszenierung. Denn dass eine Gruppe, die von Gymnasiasten bis zu Hauptschülern reicht, zu einer echten Gemeinschaft wurde, war zwar beabsichtigt,
aber keineswegs garantiert. Insofern ist das erste Ziel bereits erreicht, bevor sich der Vorhang zum ersten Mal wirklich hebt.
Das «TheaterausBruch» scheut grundsätzlich als freies Ensemble keine Experimente und rekrutiert seine Mitglieder je nach Stück und Idee. Dies war von entscheidender Bedeutung, da bei der
Aufführung von «Lysistrata» Menschen aus dem Ostviertel eben einen Ausschnitt aus ihrem Lebensumfeld darstellen sollten.
Und Martin Goltsch, Gründer und künstlerischer Leiter des «TheaterausBruch», ist heute zuversichtlich, dass dies gelingen wird: «Bei der Zusammenarbeit mit unerfahrenen Darstellern sind zwar
künstlerische Abstriche unumgänglich. Dafür bekommt das Ganze eine enorme Authentizität. Und das ist auch wieder etwas Künstlerisches.»
Uwe Brandt sieht zudem durchaus Perspektiven für eine bleibende Wirkung der gemeinsamen Arbeit. Gymnasiasten, Hauptschüler, Gesamtschüler, Besucher der OT und nicht organisierte Teilnehmer -
alles Leute aus dem Stadtteil - hätten zu einer wirklichen Gemeinschaft zusammengefunden. «Wer weiß, was draus wird...»
Das Team des Theaters selbst profitiert von der Arbeit, schließlich lernte man neue Grenzen und die schnelle Überwindung selbiger kennen. Schließlich investierten die Mitglieder eine ganze Menge
selbst. Die direkte Mitwirkung der jungen Menschen vom handwerklichen bis zum künstlerischen Detail brachte manche Überraschung, die mitunter nur durch Teamgeist gemeistert werden konnte.
Doch die Mühe hat sich offensichtlich gelohnt. Denn kürzlich kam die Zusage, dass Mittel aus dem Stadtteilerneuerungsprogramm für das Ostviertel für die Bühnenumsetzung bewilligt wurden. Das
bedeutet, dass die Arbeit auch zur Aufführung gelangt.
13 bis 15 Vorstellungen sind geplant, im September soll die Premiere im Jugendtreff Josefshaus stattfinden. Dann geht es ins Viertel zu verschiedenen Aufführungsorten, das Ostviertel soll nicht
nur spielerisch eingefangen werden, sondern sich auch an zahlreichen Stellen wiederfinden.
«Viele sehen erst jetzt ganz neue Seiten ihres Viertels. Sie empfinden plötzlich die Kultur, die hier lebt» - auch in diesem Punkt sind sich die Protagonisten von «Lysistrata» einig.
Aachener Zeitung, 4.10.2003 -Theaterbeilage-
„Schauspiel muss Dialog provozieren“
Martin Goltsch inszeniert stets mit sozialem Blick
Von Jutta Katsaitis-Schmitz
Textsicherheit, schauspielerisches Talent und Natürlichkeit der jungen Schauspieler begeistern seit der Premiere der antiken Antikriegs-Komödie ,,Lysistrata“, frei nach Aristophanes in die
Gegenwart versetzt, derzeit in der Aachener OT Josefshaus das Publikum. Die Inszenierung, in der Regie von Martin Goltsch, ist ein ungewöhnliches Projekt, das das Theater Ausbruch anpackte, um
Jugendliche des Ostviertels zur sinnvollen Freizeitgestaltung an Schauspielerei und Theaterarbeit heranzuführen. „Dem Theater wohnt nun einmal eine politische, gesellschaftliche und
geistesgeschichtliche Dimension inne, die Dialog und Veränderung provoziert“, so Goltsch, künstlerischer Leiter und Initiator des Theater Ausbruch, das sich vor fünf Jahren gegründet hat. Jugend
muss für Jugend spielen, war sein künstlerisches Konzept bei ,,Lysistrata“. Ihm geht es bei der Arbeit um Inszenierungen für Kopf und Bauch, die nicht bei jedem Besucher Kunstverständnis
voraussetzen. ,,Theater ist nichts Perfektes, Theater muss brüchig sein“, erklärt er seinen Standpunkt und die Namensgebung des Bühnenprojekts. Längst ist das variable Ensemble den Kinderschuhen
entwachsen, ist doch ,,Lysistrata“ die bereits dritte Inszenierung. Goltsch (40), dessen Herz für das Theater schlägt, stand im Schülertheater zum ersten Mal auf den Brettern, die die Welt
bedeuten, fasste mit 19 Jahren den endgültigen Entschluss, Regisseur zu werden. Er nennt sich selbst ein ,,Glückskind des Theaters“, denn rasch erhielt er am Neuen Theater in Hannover einen
Vertrag als Regieassistent. Tschechows ,,Schwanengesang“ war seine erste Inszenierung. Er studierte Germanistik, Theologie und Theaterwissenschaften, erlaubte sich eine zehnjährige Theaterpause,
trampte dennoch durch Deutschlands Theaterwelt und fand sich als Pädagoge wieder.
Seit neun Jahren lebt Goltsch in Aachen, organisierte Theater-Workshops, fand in Brigitte Köhr eine gleichgesinnte Mitstreiterin, gewann in ihr, Thomas Lange, Andreas Heitkamp und Reiner Herrmann
bühnenbesessene Mitbegründer für das Theater Ausbruch. Sophokles‘ ,,König Ödipus“ sollte die erste Inszenierung werden. Intensive Recherchen vor Ort führten ihn nach Delphi in Griechenland. Immer
tiefer wurde sein Verständnis für die Aussage des antiken Künstlers. Doch die Umsetzung scheiterte an Raum und Geld. So ging als erstes Franz Kafkas ,,Ein Bericht für eine Akademie“ über die
,,Heimspielbühne“ beim Theater 99, wurde zum Selbstläufer, führte zu Tourneen, unter anderem nach Paderborn, Neuss und Düsseldorf. Es folgte die Bearbeitung und Inszenierung von Wolfgang Vinckes
,,Kunst.Fehler“. Daneben gab es eine Ausstellung mit Theaterfotografien und eine ,,bespielte“ Ausstellung. Nun eben ,,Lysistrata“. Goltsch nimmt sich Zeit für seine Inszenierungen, plant und
begleitet sie mit Werkstattbüchern, ,,beschult“ Amateure bis zur Perfektion.
,,Ich muss nicht inszenieren, ich darf“, lautet seine Devise. Seine Leitbilder sind Claus Peymann und Franz-Xaver Kroetz. Noch hat sich Goltsch nicht entschieden, ob das nächste ein
Tschechow-Abend oder der ,,Ödipus“ sein wird.
Aachener Nachrichten, 09.10.2003
Friedenspreis: Diskussion in freien Theatern
Thema Jugendgewalt im "Ausbruch"
Aachen (mar). "Nach dem Krieg ist vor dem Krieg" heißt eine neue Veranstaltungsreihe, die der Aachener Friedenspreis mit städtischen und freien Bühnen organisiert. Am Samstag, 11. Oktober, diskutiert
das Publikum im Theater Ausbruch mit Experten über Jugendgewalt.
"Über das Thema Krieg und Gewalt sprechen wir meist immer mit den gleichen Menschen - und die wissen ohnehin schon gut Bescheid", sagt Gerhard Diefenbach, der Vorsitzende des Vereins Aachener
Friedenspreis. Nach Ausbruch des Irakkrieges hatten Diskussionen und Gespräche die Vorstellungen im Großen Haus des Stadttheaters ergänzt. Ermutigt durch den Erfolg, will der Friedenspreis nun
auch die freien Theater der Stadt in seine Reihe einbeziehen. "Die Veranstaltungen sollen dabei jetzt das Thema des jeweiligen Stücks aufgreifen", erklärt Matthias Fischer vom Aachener
Friedenspreis.
Den Anfang macht das Theater Ausbruch im Aachener Osten: Die Komödie "Lysistrata", im Original von Aristophanes, spielt hier in einer Disco namens "Akropolis". Wie im antiken Vorbild versagen
sich die Frauen ihren Männern sexuell, um sie zum Frieden zu zwingen. "Die Besetzung mit jungen Laiendarstellern aus dem Problemviertel macht die Besonderheit des Stückes aus", sagt Martin Golsch
vom Theater Ausbruch. Nach der Aufführung diskutieren der Diplom-Psychologe Thomas Auchter, Matthias Fischer (Friedenspreis), Richard Okon vom Josefhaus und Anna Wahl vom "Netzwerk Aachener
Schulen gegen Gewalt und Rassismus" mit dem Publikum. Die Vorstellung beginnt am Samstag um 19.30 Uhr im Bürgerzentrum an der Schleswigstraße 3. Premiere des Stücks ist am Freitag, 10. Oktober,
19.30 Uhr.
"Alle meine Söhne"
Am Freitag, 24. Oktober, steht
im Grenzlandtheater das Thema "Rüstungsproduktion und Moral" im Mittelpunkt. Zu sehen gibt es hier Arthur Millers "Alle meine Söhne". Auch das Theater K wird sich im November mit seiner
Produktion "Gilgamesch" an der Reihe beteiligen.
Aachener Zeitung, 07.10.2003
Bündnis für neue «Kultur des Friedens»
Aachen. Es soll ein Brückenschlag werden zwischen den Theatern der Stadt und dem Verein Aachener Friedenspreis.
«Theater greift Themen von Frieden und Gewalt auf», sagt Gerhard Diefenbach, Vorsitzender des Friedenspreises. «Da wollen wir unsere Arbeit einbringen.»
Und so sieht das neu geschmiedete Bündnis aus: Verschiedene Aachener Theater führen Stücke auf, die in irgendeiner Weise mit oben genannten Themen zu tun haben, anschließend finden in den Häusern
Podiumsdiskussionen mit Fachleuten und Mitgliedern des Friedenspreises statt.
Hier werden diese Themen dann gemeinsam mit den Zuschauern aufgearbeitet.
Die Veranstaltungsreihe, die passend zur aktuellen Situation im Nahen Osten den Titel «Nach dem Krieg ist vor dem Krieg» trägt, beginnt am kommenden Samstag mit dem Klassiker «Lysistrata» vom
Theater Ausbruch.
Der Verein Aachener Friedenspreis sieht das Projekt in der Nachfolge der überaus erfolgreichen Reihe «Nach dem eisernen Vorhang» in Zusammenarbeit mit dem Theater Aachen. Hier kam es nach
Ausbruch des Irak-Kriegs immer wieder montags nach den Aufführungen zu gut besuchten Diskussionsrunden, in denen jeder die Gelegenheit hatte, «seinen Gefühlen Ausdruck zu geben», so Diefenbach.
«Das wollten wir auf andere Theatergruppen ausweiten.»
Mit im Boot sind nun neben dem Theater Aachen und dem Theater Ausbruch noch das Grenzlandtheater und das Theater K.
Nicht mit einem eigenen Stück vertreten, aber dennoch beteiligt ist das Das Da Theater, das Räumlichkeiten zur Verfügung stellen will. Dieses Bündnis will, so sieht es Diefenbach, eine Kultur des
Friedens in Aachen schaffen.
Das Theater Ausbruch, eine Initiative für junge Erwachsene aus dem Ostviertel, wagt sich an ein echtes «künstlerisches Experiment», so dessen Leiter Martin Goltsch.
Den Schauplatz der antiken Komödie «Lysistrata» verlegen die jungen Theaterleute kurzerhand in eine moderne Disko, die Kriege griechischer Stadtstaaten werden zu Auseinandersetzungen jugendlicher
Gangs.
Zur anschließenden Podiumsdiskussion, die von AZ-Redakteur Matthias Hinrichs moderiert wird, wünschen sich die Initiatoren besonders viele junge Besucher.
Die Beiträge der anderen Häuser zu der Veranstaltungsreihe sind «Alle meine Söhne» des Grezlandtheaters, «Gilgamesh» vom «Theater K», ab 2004 die Stücke «Philotas» und «Balkan ist nicht tot» im
«Mörgens» und im großen Haus des Theaters Aachen.
Aachener Zeitung, 13.10.2003
Jugendgewalt als Problem der Gesellschaft
Lebhafte Diskussion bei Theaterprojekt des Friedenspreises
Von Kolja Linden
,,Nach dem Krieg ist vor dem Krieg“. So heißt das neue Projekt vom Aachener Friedenspreis und verschiedenen Theatern der Stadt, das am vergangenen Wochenende eine gelungene Premiere feierte.
AZ-Mitarbeiter Kolja
Linden berichtet.
Aachen. Erst die rasante Aufführung der
,,Lysistrata“ des Theater Ausbruch (die AZ berichtete), jetzt eine ebenso lebhafte Podiumsdiskussion. Fachleute, Zuschauer und die jungen Darsteller des Theaterprojekts im Ostviertel nahmen so
intensiv Anteil, dass der Moderator der Runde, AZ-Redakteur Matthias Hinrichs, gegen Ende einen ,,Annahmestopp“ für Wortmeldungen verhängen musste. Erfreulich für die Veranstalter, dass sich,
passend zum Thema ,,Gewaltprävention mit Jugendlichen“, besonders viele junge Leute aktiv in die Argumentationen der Experten auf dem Podium einmischten. Eine Beteiligung, die so durchaus
erwünscht war.
Den Anfang jedoch machte Thomas Auchter. Der in Aachen niedergelassene Psychotherapeut sieht die Ursachen von Jugendgewalt nicht nur bei den betroffenen Jugendlichen, sondern in unserer
Gesellschaft. ,,Kinder lernen durch Nachahmen“, so der Psychologe. Sei also ein Vater gewalttätig, so steige die Gefahr, dass auch seine Kinder zu Gewalt griffen, um Probleme zu lösen. Anders
gesagt, ,,die beste Gewaltprävention ist eine liebevolle Erziehung.“
Auch Matthias Fischer vom Aachener Friedenspreis machte die Umwelt, in der Jugendliche aufwachsen, für die Akzeptanz von Gewalt mitverantwortlich. Die Politik mache doch vor, dass Probleme durch
Gewalt zu lösen seien, blickte der Lehrer auf die Beteiligung Deutschlands an kriegerischen Auseinandersetzungen. Seine Auffassung, die deutsche Gesellschaft sei rassistisch und heuchlerisch,
wurde jedoch nicht von jedem Anwesenden geteilt.
Auch das Thema rassistisch motivierte Gewalt wurde von den Beteiligten angepackt. Schließlich sei das Problem gerade im Ostviertel spürbar, wo viele Ausländer unterschiedlicher Herkunft leben.
,,Keine gesellschaftliche Gruppe ist davon ausgeschlossen“, machte Sozialpädagoge Mohamed Ouni deutlich, dass Gewaltbereitschaft unabhängig von der Herkunft überall zu finden sei. Richard Okon,
Leiter des Jugendzentrums von St. Josef, berichtete von Konflikten zwischen Jugendlichen verschiedener Nationen im Ostviertel, die erst Stück für Stück einander angenähert werden konnten.
Hürden dieser Art kennt auch Martin Goltsch, vom Theater Ausbruch. ,,Die Konflikte zwischen deutschen und türkischen Jugendlichen reichten zum Teil bis in die Elternhäuser“, so der Projektleiter.
Dass solche Spannungen jedoch lösbar seien, darin waren sich alle Beteiligten einig. Anna Wahl von der Hauptschule Aretzstraße glaubt, dass ihre Schüler, die aus vielen Nationen stammen, selbst
Wege zu einem besseren Verständnis finden können. Sie berichtete von Arbeitsgemeinschaften an der Schule, in denen allen Nationalitäten gemischt vertreten seinen. ,,Hier müssen Schüler
Verantwortung übernehmen“, so die Pädagogin, ,,Das trauen wir ihnen auch zu!“ Eine Menge Mut gehöre jedoch dazu, so meinten jedenfalls die Darsteller des Theater Ausbruch. Nicht Wenige seien aus
dem Projekt ausgestiegen, zum Teil auf Druck der eigenen Clique, zum Teil aus Angst vor der Verpflichtung.
Einig waren sich am Schluss alle Beteiligten in ihrem Lob für die jungen Theaterleute. Der Konsens in diesem Punkt drückte sich in einem klaren ,,Weiter so!“ aus.